von Mag. Juliane Beyerl
Ich lebe mit wundervollen Kindern und arbeite mit wundervollen Kindern. „Altlasten“, die sie durchs Leben mitschleppen, machen allerdings Sorgenkinder aus ihnen:
Ängstliche, nervöse, schüchterne Kinder. Zappelige, unruhige Kinder. Aufmüpfige, verhaltenskreative Kinder. Motorisch ungeschickte Kinder. Kinder, die sich in der Schule schwer tun. Ehemalige Frühchen, die Entwicklungsschritte nachholen müssen. Kinder, die schlecht sehen oder hören, obwohl organisch alles in Ordnung ist. Kinder, die unter Allergien, Hautproblemen oder wiederkehrenden Infekten leiden. Kinder, die aus irgendeinem Grund das Potential, das in ihnen steckt, nicht entfalten können.
Der Rucksack, den jeder mit sich trägt.
Wirft man eines oder mehrere Problemfelder eines Kindes in einen Rucksack, so hat es doch ganz schön viel Last durchs Leben zu tragen. Das Ziel meiner Arbeit ist es, diesen „Rucksack“ deutlich leichter zu machen, um den Handlungsspielraum der Kinder zu erweitern und die vielfach noch schlummernde Potentialentfaltung zu ermöglichen. Als „Neurophysiologische Entwicklungsförderin“ stütze ich mich auf die Methode und die Forschungsarbeiten von Dr. Peter Blythe (+2014) und seiner Frau Dr. Sally Goddard Blythe, die Entwicklungslücken im Zentralen Nervensystem bzw. Neuromotorische Unreife als Ursachen für die oben genannten Problemfelder beschrieben haben. Als Anzeiger für diese Entwicklungslücken werden Restreaktionen frühkindlicher Reflexe herangezogen, die alle eine wichtige Funktion vor, während und in den Monaten nach der Geburt haben, - in einer Zeit, in der das Gehirn und das Nervensystem noch nicht so weit ausgebildet sind, um hochkomplexe Aufgaben zu erfüllen. Vorgeburtlich trainieren die Reflexe u.a. die Muskeln im Streck- und Beugetonus, üben das Saugen und Schlucken, trainieren das Gleichgewichtssystem und vieles mehr. Das Baby kann mithilfe seiner Reflexe während des vaginalen Geburtsvorganges mithelfen auf die Welt zu kommen. Nach der Geburt helfen die Reflexe dem Neugeborenen, sein Überleben zu sichern und seine Bewegungsentwicklung voranzutreiben. Das Stammhirn (der Hirnstamm) ist die Ebene des Gehirns, die bei der Geburt vollständig ausgereift ist und auf der Reflexreaktionen stattfinden. Durch die sich nach und nach ausreifenden höher gelegenen Hirnzentren und durch die sich durch Bewegung und soziale Interaktion rasant vermehrenden Nervenverbindungen werden die frühkindlichen Reflexe gehemmt oder in lebenslang erhaltene posturale Reflexe transformiert.
So weit so gut. Was passiert aber, wenn diese Entwicklung nicht so linear verläuft? Wenn es zu Komplikationen in der Schwangerschaft kommt? Wenn der Geburtsvorgang ungewöhnlich schwierig oder mithilfe von geburtshilflichen Maßnahmen ablaufen muss? Wenn das Baby als Frühchen zur Welt kommt und gar nicht so viel Zeit hatte, seine Reflexe im Mutterleib zu trainieren? Wenn die Mutter unter massiver Stresseinwirkung stand, sei es in der Schwangerschaft oder durch bereits länger zurückliegende Ereignisse? Wenn das Baby ein Schreibaby ist, Trinkprobleme hat oder außergewöhnlich ruhig ist und sogar zum Stillen geweckt werden muss? Wenn nicht alle Meilensteine der Bewegungsentwicklung (besonderes Augenmerk liegt dabei auf dem Krabbeln) durchlaufen werden? Wenn das Baby gesundheitliche Probleme hat?...
Dann müssen „Umwege“ gegangen werden. Gott sei Dank ist unser Gehirn zu einer großen Kompensationsleistung fähig und kann viele „Stolpersteine“, die unseren persönlichen Rucksack schwerer machen, ausgleichen. Das führt zu unseren vielfältigen Talenten, Charaktereigenschaften und Eigenheiten, die unsere jeweiligen Persönlichkeiten ausmachen. Sind jedoch zu viele „Stolpersteine“ im Rucksack und reicht die Kompensationsleistung des Gehirns nicht mehr aus, kann es zu den oben genannten „Neuromotorischen Unreifezeichen“ führen, die unsere Kinder zu Sorgenkindern machen.
Neuromotorische Unreife und Mineralstoffmängel
Dass eine vermehrte Kompensationsleistung auch zu einem erhöhten Mineralstoffverbrauch führt, ist wohl leicht nachzuvollziehen. Und genau dieser Gedankengang zusammen mit einer Beobachtung hat mich als Entwicklungsförderin zu den Schüßler-Salzen gebracht. Mir ist im Laufe der Jahre zunehmend aufgefallen, dass die Kinder, die zu mir in die Praxis kommen, auffällige Gesichtsfarben haben. Die meisten waren sehr blass, manche auch grau, einige hatten einen leichten Grünschimmer, viele bläulich-violette Augenringe. Von schnell errötenden Kindern mit nervösen, unruhigen Augen bis ruhigen Kindern, die „weiß wie die Wand“ schienen, war alles dabei.
Einem geschulten Schüßler-Fachberater, einer versierten Fachberaterin fallen da sofort die Nummern 2, 4, 5, 7, 10, und 12 ein, und das sind tatsächlich die häufigsten Mittel, die diese Kinder betreffen. Individuell gibt es natürlich Unterschiede, aber das Gros der Kinder hat vorrangig Mängelzeichen von einem oder mehreren dieser Mineralstoffe.
Bis 2017 war meine Vorgehensweise bei der Bearbeitung der Lücken im Zentralen Nervensystem ausschließlich ein Reflexintegrationstraining durch Bewegungsübungen. Dabei macht man sich die Plastizität des Gehirns zunutze, ein Leben lang lernfähig zu sein und gibt dem Gehirn durch Bewegungen, die Reflexbewegungen aus deren aktiven Zeit imitieren, eine zweite Chance, nachzureifen. Seit meiner Ausbildung zur Mineralstoffberaterin begleite ich die Familien auf Wunsch zusätzlich mit Schüßler-Salzen, was erstaunliche Erfolge mit sich bringt und viele Prozesse beschleunigen oder positiv unterstützen kann.
Bevor ich auf die Anwendungsmöglichkeiten der Schüßler-Salze für „Sorgenkinder“ eingehe, möchte ich an einem Reflex genauer erklären, welche Prozesse im Körper des Kindes ablaufen, um die Auswirkungen auf den Alltag des Kindes zu veranschaulichen und den erhöhten Mineralstoffbedarf deutlich zu machen.
Der Moro-Reflex (Angstreflex)
Der Moro-Reflex entsteht bereits im ersten Schwangerschaftsdrittel und soll unter anderem durch die Abduktionsbewegung der Arme die Nabelschnur vom Hals weghalten.
Weiters wird vorgeburtlich bereits intensiv der Gleichgewichtsapparat trainiert. Unmittelbar nach der Geburt hilft der Mororeflex dabei, den ersten Schrei auszulösen. Er ist gekennzeichnet durch unmittelbare Erregung aufgrund eines unerwarteten Sinnesreizes und einer damit verbundenen Stresshormonausschüttung.
Es ist eine Reaktion auf Stammhirnebene auf eine scheinbare Bedrohung und fungiert als früheste Form der Kampf- oder Fluchtreaktion. (fight- or-flight-reaction) Als solche kann dieser Angstreflex auch später noch in Situationen extremer Gefahr ausgelöst werden, um durch die ausgeschütteten Hormone Adrenalin und Cortisol sich rasch aus der Gefahrensituation begeben zu können. (Atmung wird gesteigert, Herzschlag wird schneller, Tonus erhöhnt, die Haut rötet sich,…)
Wird der Moro-Reflex nicht oder nicht vollständig gehemmt, befindet sich das Kind ständig in einem Zustand erhöhter Aufmerksamkeit, also in „Alarmbereitschaft“. Ein solches Kind ist also einerseits außerordentlich sensibel, aufnahmefähig, fantasievoll und einfallsreich, andererseits unreif und zu Überreaktionen tendierend. Auf der einen Seite des Gefühlsspektrums wird daraus ein ängstliches Kind, das oft mit Rückzug reagiert und Schwierigkeiten hat, Kontakte zu finden. Auf der anderen Seite haben wir ein überaktives, aggressives Kind, das sich leicht aufregt, unfähig ist, Körpersprache zu verstehen und Situationen gerne kontrolliert.
In der Neurophysiologischen Entwicklungsförderung ist der Angstreflex Problemverursacher Nr. 1 bei Kindern und auch Erwachsenen. Im adulten Alter kämpft man aber weniger mit Schüchternheit oder AD(H)S, sondern im harmlosesten Fall mit Gleichgewichtsstörungen (die nicht organisch-funktional bedingt sind) und in schwerwiegenderen Formen mit Angst-, Zwangs- oder Panikstörungen.
Was alle Menschen mit Moro-Restreaktionen gemeinsam haben ist die Tatsache, dass das Immunsystem der Betroffenen vielfach damit beschäftigt ist, Stresshormone abzubauen und sich daher nicht adäquat um die Immunabwehr kümmern kann. Die Allergiebereitschaft wird erhöht, es kommt vermehrt zur Ausbildung von Unverträglichkeiten oder aber zu immer wiederkehrenden Infekten.
Die von Dr. Peter Blythe entwickelte INPP-Methode (steht für „Institut für Neurophysiologische Psychologie“) macht sich die Plastizität des Gehirns zunutze, also die Möglichkeit, ein Leben lang nachlernen zu können. Durch Imitieren von Bewegungen aus der Zeit, in der die Reflexe aktiv sind, werden die aberranten (abweichenden) Reflexe nach und nach gehemmt und die Entwicklungslücken im Zentralen Nervensystem nachträglich geschlossen (siehe Bild).
Diesen Nachreifungsprozess kann man hervorragend mit den Mineralstoffen nach Dr. Schüßler unterstützen! Vor allem auch die Ausführungen von Thomas Feichtinger zu den charakterlichen Strukturen der einzelnen Salze haben mir schon vielfach zusätzlich geholfen und bestätigen sich in meiner Arbeit mit den Kindern (und Erwachsenen) immer wieder!
Sorgenkinder und Mineralstoffmängel
Welche Mineralstoffe meinen „Sorgenkindern“ am häufigsten fehlen, habe ich bereits kurz genannt. Nun ist es an der Zeit, einen etwas genaueren Blick auf die einzelnen Salze zu werfen. Nach den jeweiligen allgemeinen Informationen habe ich eigene Beobachtungen dahinter in Klammer gesetzt.
Nr. 2: Calcium phosphoricum:
Wichtiges Gewebe-, Knochen- und Blutaufbaumittel. Betriebsstoff für die willkürliche Muskulatur. Bindet das Eiweiß für den organischen Aufbau.
Äußere Zeichen:
Wächsernes Aussehen. (Bei meinen Klienten hauptsächlich an den Ohren und an der Nasenunterkante.)
Weiße Flecken an den Zähnen und Nägeln (Kommt vor allem an den Nägeln sehr häufig vor.)
Durchsichtige Zähne. (Sehe ich weniger, viele Kinder befinden sich im Zahnwechsel oder kurz danach, ich gehe davon aus, dass zu dieser Zeit noch genug Baustoff der Nr. 2 vorhanden ist.)
Angespannte Backenmuskulatur und schmallippiger Mund. (Das sehe ich sehr häufig. Die Anspannung setzt sich im Nacken fort und kann meiner Meinung nach auch Zahnfehlstellungen begünstigen. So habe ich überdurchschnittlich viele Kinder mit offenem Biss. Dieser erhöhte Tonus, ev. verbunden mit einem Restbestand eines Saugreflexes führt zum starken Bedürfnis nach langem Gebrauch von Schnullern, später zum Abkauen von Stiften, Lutschen an T-Shirts oder Ähnlichem, um die aufgebaute Spannung irgendwie abzubauen).
Blasses Gesicht (Nicht zu verwechseln mit dem „Schneewittchen-Weiß der Nr. 12!).
Betriebsstörungen, die viele meiner Klientenkinder betreffen:
Schlafstörungen, Nervosität, erhöhter Muskeltonus, Überanstrengungskopfschmerz, schneller Schweißausbruch, bellender Husten, Wachstumsschmerzen.
Viele dieser Kinder liebe Milchprodukte, Ketchup, Gegrilltes oder Geräuchertes.
Auf der charakterlichen Ebene geht es um das Thema „Aufmerksamkeit“, u.a. aus der Angst heraus, sonst nicht gesehen zu werden. Diese Aufmerksamkeit fordert das Kind rigoros ein, selbst wenn es auf negative Art und Weise ist. Die „Fülle“, die der Nr. 2 zugeschrieben wird, spürt häufig ihre Grenzen („die Hülle“) nicht und fordert sie ständig ein. Diese Angst, nicht gesehen zu werden, kann sich aber auf zwei Arten auswirken, entweder in einen Rückzug, eine Lähmung aus Angst, oder aber auch ins Gegenteil: „Wenn ich mich besonders aufführe, dann werde ich gesehen!“
Unweigerlich kommen mir die 2 Verhaltensweisen in den Sinn, die ein persistierender Mororeflex zum Vorschein bringen kann: Flucht oder Kampf.
Nr. 4: Kalium chloratum:
Die Eiweißverbindungen, die mithilfe der Nr. 2 gebildet wurden, werden mithilfe der Nr. 4 eingebaut. Kalium chloratum ist das Funktionsmittel für den Faserstoff, wichtiger Drüsenbetriebsstoff und bindet chemische Gifte.
Äußere Zeichen:
Milchiges Aussehen (sticht mir weniger häufig ins Auge als das nächste Zeichen), milchig bläulich bzw. milchig lila Färbung um die Augen (das ist oft sehr markant).
Couperose (sieht man hin und wieder auch bei Kindern, die Äderchen in der Sklera sind aber viel deutlicher. Manchmal schimmert auch das Augenweiß leicht blau-lila.)
Schleimiger, oft chronischer Dauerhusten (sehr häufige Betriebsstörung, weil die Faserstoffe nicht eingebaut werden können, sondern als schleimiger Husten abgestoßen werden).
Hautgrieß (kommt bei „meinen Kindern“ sehr häufig vor. Ein Grund dafür sind wiederum die Faserstoffe, die als kleine Körnchen unterhalb der obersten Hautschicht abgelagert werden).
Auf der charakterlichen Ebene ist die Nr. 4 hochinteressant, weil es um die Gefühlswelt der Kinder geht, und die ist bei meinen Klienten oft sehr durcheinander. Sie leiden unter ihrem „Gefühlsüberschuss“, gelten als sehr sensibel, oder als „gefühlsstark“, ecken an, weil sie „immer so übertreiben müssen“ oder hören auf der anderen Seite: „Das ist doch gar nicht so schlimm! Heul nicht gleich wegen jeder Kleinigkeit!“ Auch hier kann ich rasch die Verbindung herstellen zu den sogenannten Sekundärauswirkungen des Mororeflexes: geringe Frustrationstoleranz, mangelnde Kritikfähigkeit, Schwierigkeiten, bei (Brett)-spielen zu verlieren, Schwierigkeiten, Entscheidungen zu treffen, um nur die wichtigsten zu nennen.
Nr. 5: Kalium phosphoricum:
Die Nr. 5 ist unser Mittel für die Energie und hat daher bei allen Erschöpfungszuständen physischer und psychischer Natur eine besondere Bedeutung. Kalium phosphoricum kommt in allen Gehirn- und Nervenzellen vor und bindet das Lecithin. Gemeinsam mit der Nr.8 ist es für den Aufbau von Gewebe zuständig. Gehirn und Nerven – das hängt unweigerlich mit der Neurophysiologie des Menschen zusammen.
Äußere Zeichen:
Aschgraues Gesicht (beobachte ich immer wieder als A-Linie von der Nase zum Kinn).
Eingefallene Schläfen (bei Kindern scheinen an dieser Stelle sehr häufig die Adern durch die Haut). Blasse, müde Augen (stelle ich bei Müttern und Kindern gleichermaßen fest).
Mundgeruch (habe ich selten aber doch, was ein Alarmzeichen für den Gewebszerfall ist, der eintritt, damit der Organismus an das benötigte Kalium phosphoricum herankommt. Interessanterweise bekomme ich von diesen Kindern häufig die Rückmeldung, dass die gekosteten Tabletten der Nr. 5 nach „Kellergeruch“, also modrig schmecken. Dass jene Kinder dann vermehrt Gusto auf Nussschokolade haben, ist dann nicht mehr verwunderlich.)
Ich frage die Familie auch gerne nach Zahnfleischproblemen oder diffusem Hungergefühl, was Zeichen für einen Mangel an der Nr. 5 sein können. Wenn man häufig die Zähne zusammenbeißen muss, braucht man vielleicht auch häufig was zwischen den Zähnen….
Schlechte Nerven und Platzangst (Agoraphobie) führen uns erneut zum Nervensystem und zum Moro-Verhalten. Und schon sind wir wieder mitten in der Charakterebene:
Während die hier übergangene Nr. 3 (Ferrum phosphoricum) das Mittel für die Auseinandersetzung (die Reibung) mit der Welt ist und die Nr. 4 etwas über die Qualität dieser Auseinandersetzung aussagt, geht es bei der Nr. 5 um die Energie, die bereitgestellt werden muss, damit diese Auseinandersetzung gelingt. Manchmal betreibt man auch Raubbau durch einen übertriebenen Einsatz im Leben. Ich habe es oft nicht nur mit grauen Kindern, sondern auch mit grauen Müttern zu tun, die von sich sehr viel abverlangen im Einsatz für ihr „Sorgenkind“. Oft ist die Ursache für einen Mangel noch früher begründet. Eine werdende Mutter mit einem Mangel an der Nr. 5 wird ihr ungeborenes Kind auch nicht gut genug mit diesem Mineralstoff versorgen können. (Das gilt selbstverständlich für alle Mineralstoffe). In unserer heutigen Leistungsgesellschaft, in der Burn-Out-Syndrom und Depressionen in aller Munde sind, sollte besonderes Augenmerk auf eine gute Versorgung durch Kalium phosphoricum gelegt werden!
Nr. 7: Magnesium phosphoricum
Magnesium ist das Betriebsmittel für die unwillkürliche Muskulatur und daher zuständig für die Drüsen, die Nerven, die Darmperistaltik, die Herzmuskeltätigkeit. Die Nr. 7 steuert das vegetative Nervensystem. Magnesium-Ionen befinden sich an den Synapsen, wo die elektrische Signalübermittlung der Nervenzellen erfolgt. Nervliche Belastung verbraucht daher viel Magnesium. Der Mineralstoff Magnesium phosphoricum ist demzufolge ein wichtiger Stressschutzstoff.
Äußerlich erkennt man einen Mangel an der Nr. 7 hauptsächlich an schnellem Erröten bei Nervosität oder Aufregung (nicht zu verwechseln mit dem warmen Rot der Nr. 3) und/oder hektischen Flecken, z.B. am Dekollete. (Die latente Röte kann ich weniger feststellen, hektische Flecken kommen indes häufiger vor.)
Indikatoren für eine Anwendung sind weiters Schokoladenhunger, Lampenfieber, angespannte Nerven und unwillkürliche Verkrampfungen (Bauchkrämpfe, Koliken, Regelkrämpfe).
Auf der Charakterebene ist Magnesium ein nach innen gerichteter Mineralstoff. Es geht um die Spannung, die entsteht, bei dem Versuch, auf die Anforderungen aus der Umgebung zu antworten und allen Erwartungen gerecht zu werden. Wiederum spielen Ängste hier eine große Rolle: Die Angst sich zu blamieren, Angst etwas falsch zu machen bis hin zu panischer Angst. Manchmal ist die Angst auch so groß, dass sich die beschriebene Röte gar nicht zeigt.
Und erneut drängt sich hier der Zusammenhang mit der Neurophysiologie des Menschen auf. Jede Stressbelastung führt zur Ausschüttung der Stresshormone wie Adrenalin und Cortisol, die den Organismus in Akutsituationen zu Höchstleistungen verhelfen sollen. Dabei wird viel Magnesium verbraucht. Ein Mensch mit Restreaktionen des Mororeflexes ist noch viel häufiger dieser Stressbelastung ausgesetzt, weil er auf Stammhirnebene nicht zwischen echten und scheinbaren Gefahrenquellen unterscheiden kann. Die Bewegungsübungen nach INPP (oder aus anderen Reflexintegrationsprogrammen) können helfen, das Gleichgewicht zwischen sympathischem und parasympathischem Nervensystem wieder herzustellen. Bei der Versorgung mit der Nr. 7 ist durch die hohe Stresshormonbelastung auch an die Makroebene zu denken.
Was in den Berichten der Kinder sehr häufig vorkommt, sind diffuse Bauchschmerzen bis hin zu Krämpfen, - manchmal nur an Montagen in der Früh, häufig vor Schularbeiten und Tests, seltener regelmäßig an Schultagen, in Ferienzeiten fast nie. Hier bietet sich die „Heiße 7“ vor dem Einschlafen oder am Morgen sehr gut an, aber auch das Komplexmittel „Zell Calmin“ ist ein wertvoller Begleiter für viele Betroffene.
In meiner Praxis empfehle ich sowohl sehr ängstlichen, schreckhaften, schüchternen, nach innen gekehrten als auch hyperaktiven, leicht reizbaren, (verbal)-aggressiven, unaufmerksamen Kindern die Mischung 2-7-14. (Die Nr. 14 ist das feinstoffliche Brom, das Mittel der Wahl bei innerer Unruhe und Rastlosigkeit – wird hier nicht näher ausgeführt.) Die Eltern wundern sich oft, wie zwei so gegensätzliche Verhaltensmuster mit denselben Salzen unterstützt werden können. Ich vergleiche dies gerne mit einer Waagschale, die aus dem Lot gekommen ist: Entweder ist der Flucht- oder der Kampftrieb mehr gewichtet, und die Mischung 2-7-14 hilft, diese Gegensätze wieder etwas auszubalancieren.
Ein anderes Mal werde ich genauer auf die beliebte Kraftmischung 3-5-8 eingehen, die ich ebenfalls sehr gerne empfehle.
Nr. 10: Natrium sulfuricum:
Während die Nr. 8, Natrium chloratum, für den aufbauenden Flüssigkeitshaushalt zuständig ist, geht es bei der Nr. 10 um den ableitenden Flüssigkeitshaushalt. So könnte man das Natrium sulfuricum auch die „Müllabfuhr aus dem Körper“ bezeichnen. Es fördert die Entschlackung und Ausscheidung von Schadstoffen über die Leber und den Darm und ist das Funktionsmittel für Leber und Galle.
Äußere Merkmale:
Grünlich gelbe bis olivgrüne Färbung der Haut (Haupsächlich an der A-Linie bis zum Kinn zu beobachten).
Geschwollene Tränensäcke (sehe ich auch bei Kindern häufig). „Schnapsnase“ (ist bis jetzt bei „meinen“ Kindern nicht vorgekommen).
Stinkende Winde (davon wird häufig erzählt, manchmal „passiert“ es auch unweigerlich, wenn wir z.B. Übungen im Vierfüßlerstand machen).
Juckende Hautstellen (erlebe ich sehr häufig in meiner Praxis, oder es wird mir als unangenehm geschildert).
Auf charakterlicher Ebene ist der Zusammenhang mit der Nr. 4 besonders stark, und tatsächlich sind beide Mängelzeichen auch die mit Abstand am häufigsten vorkommenden in meiner Praxis. Es geht um sehr starke Gefühle wie Hass, Zorn, Aggression. Diese starken Gefühle werden oft unterdrückt, weil sie in unserer Gesellschaft keinen Platz haben, dadurch steht das Kind/der Mensch in einem ungeheuren Spannungsfeld. Und wenn man den anderen nicht hassen darf, weil es sich nicht gehört, dann richtet man eben den Hass auf sich selber. Um nicht so schnell aus dieser Gefühlsachterbahn geworfen zu werden, flüchtet man unbewusst in die Unflexibilität (Die Erstarrung erfolgt dann später bei der Nr. 12.): Immer gleicher Tagesablauf, gleicher Wochenrhythmus,… Da ist schon die nächste Übereinstimmung mit Sekundärauswirkungen des Mororeflexes in der Neurophysiologischen Entwicklungsförderung: Verhaltensweisen aus dem autistischen Formenkreis (Rückzug ins eigene Innere) sind hier ebenso zu nennen wie der unbedingte Wunsch nach regelmäßigen Abläufen, damit das Kind nicht Gefahr läuft, durch unvorhergesehene Ereignisse den Angstreflex auszulösen. Kinder kennen dieses unangenehme Gefühl und versuchen deshalb neue, unplanbare Situationen zu vermeiden.
Viele Neurodermitiker kommen zu mir in die Praxis, erst einmal wegen dem Reflexintegrationstraining, sind aber dann erstaunt und dankbar, wenn ich den Vorschlag bringe, die betroffene Person i m Sinne der Ganzheitlichkeit mit Schüßler-Salzen zu versorgen. Diese ständigen juckenden Hautstellen sind doch wirklich zum „aus der Haut fahren“! Wir groß bei vielen der Mangel an der Nr. 10 ist sieht man an der Häufung der roten Hautstellen nach den ersten Anwendungen der Salbe H und der Evocell. Ich habe es mir mittlerweile angewöhnt, dazu ein Cremegel Nr. 10 und die Einnahme des entsprechenden Salzes anzuraten oder zumindest auf die mögliche Reaktion hinzuweisen.
Es ist an dieser Stelle wohl nicht verwunderlich, dass eine Vielzahl meiner Klienten unter Warzen oder am Herpes-Virus leiden.
Nr. 12: Calcium sulfuricum:
Der letzte Mineralstoff, mit dem ich mich genauer auseinandergesetzt habe, ist die Nr. 12 als Mittel für alles, was stockt oder staut. Calcium sulfuricum ist für den abbauenden Eiweißstoffwechsel zuständig, wirkt schleimlösend und ausscheidungsfördernd.
Das äußerliche Hauptmerkmal habe ich bereits mehrmals erwähnt:
Das schneewittchenweiße Gesicht, so wie es auch in einem Schockzustand auftritt. (Hauptsächlich findet man dieses „Alabasterweiß“, wie es auch genannt wird, auf der Stirn, es kann sich aber auch über das ganze Gesicht ausbreiten.)
Bei Eiterungen wirkt die Nr. 12 sehr schnell, aber auch bei Stockschnupfen, eitriger Mandel- und Halsentzündungen, chronischer Bronchitis, um nur die für „meine“ Kinder am häufigsten vorkommenden Betriebsstörungen zu nennen.
Der Hauptgrund, warum überdurchschnittlich viele Klienten an einem Mangel an der Nr. 12 leiden, ist aber ein anderer: zurückliegende Schocks oder Traumata, die sich im Körper festgesetzt haben. Schon sind wir wieder auf der charakterlichen Ebene angekommen: Menschen in Schockstarre kapseln sich ab und können nicht mit Anderen um sie herum in Kontakt treten. Jene, die nur im Außen sind, können nicht bei sich selber einkehren. Die Nr. 12 hilft dabei, die Starre aufzulösen und die Wege frei zu machen, von außen nach innen und von innen nach außen, damit alles wieder fließen kann.
Schwangerschaftstraumata, Geburtsschocks, traumatische Erlebnisse (die sogar Generationen zurückliegen können (!)) gehören zu den Risikofaktoren für Neuromotorische Unreife. Je mehr solcher Faktoren zusammenkommen, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit, dass eingangs beschriebene Entwicklungslücken im Zentralen Nervensystem bestehen bleiben. Ein entsprechender Reflextest zeigt dann häufig die Vorstufe des Mororeflexes: den Furcht-Lähmungsreflex. Hier geht es nicht um Kampf oder Flucht, sondern um das Durchtauchen einer Gefahrensituation in absoluter Schockstarre: Die Haut wird blass-weiß, Atmung, Puls und Blutdruck werden langsamer, die Körperfunktionen ziehen sich ins Zentrum zurück. Man vermag nicht einmal mehr zu sprechen, steht völlig unter dem Einfluss des Parasympathikus. Dabei wird eine ungeheure Spannung aufgebaut und gestaut. Wäre man ein Hase, der sich blitzschnell totstellen kann, wenn ihm ein Raubtier zu nahe kommt, um ihm zu signalisieren: „Ich bin tot und daher ungenießbar!“, wäre alles halb so wild. Kaum aus der Schockstarre gelöst, schüttelt der Hase dieses Trauma aus seinem ganzen Körper heraus und kann sogleich wieder weiterhoppeln, als wäre nichts gewesen. Wir Menschen haben wohl verlernt, die vielen kleinen Traumata, die wir im Laufe der Zeit erleiden, einfach wieder abzuschütteln und sammeln sie in unserem Körper. Oft genügen unscheinbare „Trigger“, um den Organismus an dieses furchtbare Erlebnis zu erinnern, und sogleich sitzt einem der Schock wieder im Nacken.
Eine Möglichkeit, aus einem akuten Schock herauszukommen, ist mithilfe des Mororeflexes, zum Beispiel durch Weinen oder Schreien. Dies hilft auch, die aufgestaute Spannung wieder loszuwerden.
Die Einnahme des Mineralstoffes Nr. 12 leistet bei dieser Öffnung einen ganz besonders wertvollen Beitrag. Aber auch die äußere Anwendung habe ich besonders bei diesem Problemfeld besonders zu schätzen gelernt, daher sei ihr noch ein Absatz gewidmet.
EVOCELL, die geht förmlich „unter die Haut“!
Zum Abschluss möchte ich ein „Hohelied auf die äußere Anwendung“ in Form der fertigen Salben und Cremegele singen, allen voran auf die EVOCELL! Es irritiert meine Klientinnen und Klienten zwar anfänglich, dass ich ihnen eine augenscheinliche Cellulite-Creme empfehle, aber Gott sei Dank bekomme ich genug Vertrauen entgegengebracht, sodass sie nicht gleich abgeschreckt reagieren. Ich empfehle, die Evocell vor den Bewegungsübungen im Nacken, auf der Brust und auf den Fußsohlen aufzutragen, wenn es das Kind wünscht, sogar am ganzen Körper. Durch den Akt des Eincremens fördert man zusätzlich die Eltern-Kind-Bindung, und wenn der ganze Körper eingecremt wird, bietet es auch ein bewusstes Erleben der eigenen Körpergrenzen sowie der gesamten Propriozeption (Körperwahrnehmung).
Auch wenn ich mich nun in einigen Punkten wiederhole, möchte ich noch einmal die für meine Arbeit wichtigsten Mineralstoffe in der Evocell kurz beschreiben:
Das Schüßler-Salz Nr. 1 darin schützt und pflegt unsere „Hülle“, unsere Haut. So bekommt das Kind nicht nur durch den Prozess des Eincremens die Botschaft: „Ich sehe dich. Ich sorge für dich. Du bist da. Du bist gut, so wie du bist.“
Die Nr. 2 darin hilft merklich, Spannungen abzubauen und den Tonus zu kontrollieren. Calcium phosphoricum ist das Mittel für die „Fülle“, das unter der Haut liegende Gewebe. Auf charakterlicher Ebene geht es um den Selbst-Wert, den jeder für sich erkennt ohne Bestätigung von außen dafür bekommen zu müssen. Aufmerksamkeit ist dabei ein wichtiges Stichwort, - Aufmerksamkeit um jeden Preis, selbst wenn es negative ist. Die Angst übersehen zu werden ist größer als die möglichen Konsequenzen von negativer Beachtung.
Die Nr. 4 ist ein Drüsenbetriebsstoff und bindet die Faserstoffe. Weiters hilft sie uns bei der Bindung chemischer Gifte und unterstützt unser Immunsystem, das, wie bereits erwähnt, bei stressgeplagten Kindern geschwächt sein kann. Charakterlich ist Kalium Chloratum unserer Gefühlswelt zuzuordnen. Diese ist bei den Betroffenen oft ganz schön durcheinander!
Die Nr. 10 ist das Mittel für den ausleitenden Flüssigkeitshaushalt über Leber und Dickdarm. Es ist das Funktionsmittel für Leber und Galle. Schlacken und Giftstoffe, die der Körper nicht bearbeiten kann, werden ausscheidbar gemacht. Auf der Gefühlsebene steht die Nr. 10 in engem Zusammenhang mit der Nr. 4 und ermutigt das Kind, „keine Angst vor starken Gefühlen“ zu haben! Die Wut, der Hass, der Jähzorn auf andere spielt dabei eine ebenso große Rolle wie der Hass auf sich selbst, weil die Erwartungen der anderen unerfüllbar sind, obwohl man sich so bemüht!
Besonders hervorheben möchte ich die Wirkung der Nr. 12, die die Wege frei macht, damit die Informationen von außen nach innen und von innen nach außen fließen können. Oft sitzen den Kindern größere und kleinere Schocks im Nacken, die man so positiv unterstützen kann.
Ein berührendes Erlebnis für mich war, als eine Mutter ihre autistische Tochter vor der Bewegungsübung eingecremt hat und bei dem Mädchen nach der Übung Tränen der Befreiung geflossen sind, obwohl ich von der Mutter wusste, dass es ansonsten nie weint.
Weitere Adler-Produkte, die ich gerne empfehle:
Fazit:
Die Ergänzung meiner Tätigkeit durch die Biochemie nach Dr. Schüßler hat meine Arbeit unglaublich bereichert! Die Vielschichtigkeit des Menschen, Thomas Feichtingers „Zwiebelmodell“, wird einem da so richtig bewusst. So erreiche ich durch die kombinierte Anwendung von Körperübungen (die über das Zentrale Nervensystem natürlich auch sehr vielschichtig wirken) und Schüßler-Salzen viel mehr Ebenen als durch die Bewegungen alleine. Da Kinder meist noch keine vorgefertigten Meinungen zu den weißen Tabletten haben und intuitiv spüren, was ihnen guttut, wirken sie auch besonders gut. Schüßler-Salze unterstützen eine gesunde Entwicklung, Mangelerscheinungen und den darauf folgenden Betriebsstörungen kann vorgebeugt werden, Blockaden werden leichter abgebaut, sodass wieder „alles fließen kann“.
Beim Schreiben dieses Artikels wären mir noch viele andere interessante Salze in den Sinn gekommen: Die Nummer 3, 8 und 22 zum Beispiel und damit verbundene wertvolle Kombinationen.
In einer der nächsten Ausgaben kann ich gerne genauer darüber berichten.
Über mich:
Mag. Juliane Beyerl, geb. 1975
Volks- und Sonderschullehrerin, Sonder- und Heilpädagogin, Mediatorin, Neurophysiologische Entwicklungsförderin, Schüßler-Fachberaterin
Verheiratet, 3 Töchter
Pädagogische Praxis für Entwicklungsförderung in Schwertberg, Oberösterreich
http://www.inpp-entwicklungsfoerderung.at/
praxis@inpp-entwicklungsfoerderung.at
Bildernachweis:
Bild: In meiner Praxis. Ulrike Brunner.
Literaturempfehlungen:
Beigel, Dorothea: Flügel und Wurzeln. Persistierende Restreaktionen frühkindlicher Reflexe und ihre Auswirkungen auf Lernen und Verhalten, 5. Aufl., Dortmund, 2011.
Feichtinger, Thomas: Psychosomatik und Biochemie nach Dr. Schüßler, 2. Aufl., Stuttgart, 2014.
Feichtinger, Thomas: Schüßler-Salze bei Stress und Burn-Out, München, 2015.
Feichtinger, Thomas/Feichtiger-Niedan Susana: Schüßler-Salze für Ihr Kind, 3. Aufl., Stuttgart, 2011.
Goddard Blythe, Sally: Greifen und Begreifen. Wie Lernen und Verhalten mit frühkindlichen Reflexen zusammenhängen, 10. Aufl., Kirchzarten bei Freiburg, 2013.
Goddard Blythe, Sally: Neuromotorische Schulreife. Testen und fördern mit der INPP-Methode, Bern, 2013.
Goddard Blythe, Sally. Warum Ihr Kind Bewegung braucht, Kirchzarten bei Freiburg, 2005.